Sammlung Grässlin

Im Bereich der Gegenwartskunst sind in den vergangenen Jahren eine Reihe beachtenswerter Privatsammlungen entstanden, deren herausragendes Kennzeichen der direkte Kontakt der Sammler*in mit den Künstler*innen der eigenen Generation und deren Werken ist. Die Familie Grässlin gehört zu diesem Kreis von Sammlern. Im Gegensatz zu anderen Privatsammlungen kann man die Sammlung Grässlin jedoch als ein Gruppenunternehmen, als eine Art Kollektiv sehen, an dem die drei Familienmitglieder – Bärbel und Sabine Grässlin sowie Karola Kraus – beteiligt sind und in dem sich die unterschiedlichen Positionen widerspiegeln.

Die Wurzeln der Sammlung Grässlin liegen in den 1970er Jahren, als die Eltern Dieter und Anna Grässlin begannen, Werke des deutschen Informel zusammenzutragen. Dass es sich hierbei um Namen handelt, die heute klassische kunsthistorische Werte verkörpern, wie z. B. Carl Buchheister, Jean Fautrier, Karl Otto Götz, Gerhard Hoehme oder Emil Schumacher, spricht für den Mut und die Weitsicht des Ehepaares Grässlin. Ihre Kinder begannen 1981 Künstlerpositionen der 1980er Jahre zu sammeln. Ihr Augenmerk richtete sich erneut auf die Kunst der unmittelbaren Gegenwart, worin sich auch der Glaube an die Kräfte dieser Kunst äußerte, gleichzeitig aber auch das Bedürfnis, sich mit dem Neuen auseinanderzusetzen. Ein riskantes Unterfangen, denn die Kunst der 80er-Jahre, für die sie sich entschieden, war keineswegs gefällig und bei Weitem nicht unumstritten. Vielmehr wurden Werke von Werner Büttner, Martin Kippenberger, Albert Oehlen und Markus Oehlen wie auch die plastischen Arbeiten von Günther Förg, Georg Herold, Hubert Kiecol, Meuser, Reinard Mucha und Franz West als sperrig, zynisch oder gar anmaßend empfunden. Positionen, die durch Ironie und Desavouierung dem bürgerlichen Verständnis von zeitgenössischer Kunst widersprachen.

Seit Anfang der 1990er Jahre wird die Sammlung durch internationale Positionen der Folgegeneration wie Kai Althoff, Michael Beutler, Henning Bohl, Cosima von Bonin, Tom Burr, Clegg & Guttmann, Mark Dion, Michael Krebber, Kalin Lindena, Christian Philipp Müller, Stefan Müller, Tobias Rehberger, Christopher Williams und Heimo Zobernig erweitert. Seit den 2000er-Jahren wird die Sammlung durch junge Positionen wie etwa Julian Turner, Alicia Viebrock und Rachel von Morgenstern fortgeführt.

Das Konzept der Sammlung Grässlin zeichnet sich dadurch aus, dass die Familienmitglieder sich auf ausgewählte Künstlerinnen und Künstler der 1980er-, 1990er und 2000er Jahre konzentrieren, von denen sie Werke aus allen wichtigen Schaffensphasen zusammentragen. Oft handelt es sich dabei um raumgreifende Werkblöcke, die mehr in den Museumskontext als in eine Privatsammlung passen. Umso wichtiger war es der Familie Grässlin, durch die Errichtung des KUNSTRAUM GRÄSSLIN im Jahr 2006 die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Das Konzept der Sammlungspräsentation setzt auf eine Vernetzung mit der lokalen Stadtstruktur. Neben dem neu errichteten KUNSTRAUM GRÄSSLIN besteht bereits seit 1995 das Projekt RÄUME FÜR KUNST, das verschiedene, über die Stadt verteilte Räumlichkeiten wie beispielsweise den Plenarsaal des Rathauses, den Stadtgarten, den Bahnhof oder das Privathaus der Familien Grässlin als Ausstellungsorte nutzt. Der Museumsbesuch wird so zum Stadtspaziergang.

In einem regelmäßigen Wechsel werden im KUNSTRAUM GRÄSSLIN und in den externen RÄUMEN FÜR KUNST Werke aus dem Sammlungsbestand präsentiert.

Die Stiftung Grässlin wurde im Jahr 2004 von der Familie Grässlin gegründet, um den Ausstellungsbetrieb zu tragen. Alle Familienmitglieder vereint die persönliche Bindung an den Ort. „Jenseits der pittoresken Schwarzwaldidylle gehen von dem Kunstraum-Ensemble Impulse für die Gemeinde aus. Mit unseren Ausstellungen locken wir auch Gäste von auswärts in die Stadt“.

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