Sammlung Grässlin

Tobias Rehberger & Klotz am Bein – Skulpturen aus der Sammlung

Unter dem Titel Klotz am Bein richtet sich das Augenmerk der diesjährigen Sammlungsausstellung auf skulpturale Werke. Tobias Rehberger bespielt den KUNSTRAUM GRÄSSLIN, den Vorplatz und das angrenzende Restaurant Kippys. 


In diesem eindrucksvollen Überblick über sein bisheriges Schaffen stellt Rehberger immer wieder die Frage nach dem Werkbegriff: In komplexen Versuchsanordnungen lotet er das relationale Verhältnis des Kunstwerks zu seiner Umgebung, seinen Produktions- und Präsentationsbedingungen sowie seiner Rezeption aus. Versatzstücke aus Design, Architektur und Mode dienen ihm ebenso als Arbeitsmaterial wie menschliche Wünsche und Bedürfnisse. So ist sein Porsche 911, der auf dem Vorplatz parkt, kein Serienmodell, sondern das Ergebnis eines kollektiven Arbeitsprozesses. Thailändische Hersteller fertigten nach Vorlage von Skizzen Rehbergers eine individuelle Kopie an, die halb Auto, halb Skulptur ist. Auch bei anderen Arbeiten gibt Rehberger die finale Ausführung aus der Hand und leistet damit einen Kommentar zu den Produktionsbedingungen in einer globalisierten Welt. Gleichzeitig zeugt seine Auseinandersetzung mit Klassikern der Moderne von dem immerwährenden Interesse, die Grenzen zwischen Kunst und Design neu zu bestimmen. 

In den über die Stadt verteilten RÄUMEN FÜR KUNST werden Skulpturen und Installationen aus der Sammlung präsentiert. Der Titel der Ausstellung Klotz am Bein ist der gleichnamigen Arbeit von Meuser entlehnt. Mit einem Augenzwinkern spielt dieser auf die Tatsache an, dass raumgreifende Objekte und Installationen einem Sammler durchaus zur Last werden können. Wie jedes Jahr taucht Christopher Williams den Bollenhut wieder in eine neue Farbe. Das Orange des Rostprimers, welchen Meuser für die Bearbeitung seiner Skulpturen benutzt, diente Williams als Vorlage für die Farbe des Kataloges, des Posters und der Einladung der diesjährigen Ausstellung.

Wie seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts die Möglichkeiten der Malerei immer wieder neu ausgelotet wurden, so wurde auch das Verständnis von Skulptur stetig hinterfragt und erneuert. Marcel Duchamps Ready-mades stellten das gängige Verständnis von Kunst radikal auf den Prüfstand. Die 1960er-Jahre stehen exemplarisch für einen erweiterten Kunstbegriff, der die üblichen Formen der Komposition und Gestaltung zugunsten von Zufallsparametern und betont alltäglichen Materialien aufgegeben hat. Die formalen Ansprüche und theoretischen Konzepte dieser Zeit haben das Denken der nachfolgenden Generationen von Künstlerinnen und Künstlern nachhaltig beeinflusst. Sie reagieren mit kritischen Reflexionen, Kontextverschiebungen, Ironisierung, Erweiterung oder Widerlegung auf die strenge Programmatik der Avantgardisten und stellen die Frage, was Kunst ist und was sie inhaltlich und gesellschaftlich noch leisten kann, ins Zentrum ihrer Arbeit.


Die Bandbreite der in den RÄUMEN FÜR KUNST gezeigten Werke reicht von skulpturalen Einzelobjekten bis hin zu raumgreifenden Installationen. In der Bahnhofstraße werden neben einer Dauerinstallation von Reinhard Mucha Werke von Kai Althoff, Tom Burr, Mark Dion, Christian Philipp Müller, Jan Timme, Joseph Zehrer und Heimo Zobernig präsentiert, die sich mit dem politischen und kritischen Potential von Kunst beschäftigen und vorwiegend an Fragen von Ortsbezogenheit interessiert sind. Cosima von Bonin bedient sich vor allem alltäglicher Gegenstände. Immer wieder finden sich Verweise auf das persönliche Leben der Künstlerin, aber auch Referenzen an künstlerische Positionen, die in den Kontext ihrer eigenen Arbeit integriert werden. Das Rathaus von St. Georgen beherbergt die ironisch-kritischen Skulpturen und Bilder von Georg Herold, bei denen „arme Materialien“ wie Dachlatten, Mergel- und Ziegelsteine, aber auch kostbarer Kaviar zum Einsatz kommen. In seinen scheinbar provisorisch zusammengezimmerten Arbeiten, die sich mit kunsthistorischen, gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Denkgewohnheiten auseinandersetzen, stellt sich der Künstler den gängigen Erwartungen des Publikums an ein Kunstwerk bewusst entgegen. In der Klosterbergstraße treten Arbeiten von Franz West und Heimo Zobernig miteinander in Dialog. 


Die Werke von Zobernig sind nüchtern und bestehen aus einfachen Materialien wie Pressspan, Karton, Styropor oder Stahl. In Anlehnung an die Minimal Art der 1960er Jahre zeigen sie eine klare reduzierte Formensprache, Zobernig unterwandert jedoch gezielt deren typischen Perfektionismus, denn die einfache Herkunft seiner Werke liegt immer offen. Franz West hat das Konzept eines in sich abgeschlossenen Kunstobjekts, das lediglich reflektierend zu betrachten wäre, von Anfang an in Frage gestellt und durch ein partizipatorisches Modell ersetzt. Er versteht seine Passstücke und möbelartigen Objekte als ein Angebot zur Teilnahme, die auf einer unmittelbar körperlichen, aber auch auf einer mentalen und intellektuellen Ebene stattfinden kann. Martin Kippenbergers Arbeiten entzünden sich oft an der Banalität des Lebens, der Politik, der Medien und der Werbung, aber auch an prominenten Werken der Kunstgeschichte. Die in der Winterbergstraße gezeigten Exponate beinhalten Themenkomplexe, welche Kippenberger ein Leben lang verfolgte, wie der Frosch, die Laterne oder das Selbstbildnis. Über die Stadt verteilt trifft der Ausstellungsbesucher auf Werke aus der Sammlung, die teilweise als Dauerinstallation im Außenraum aufgestellt sind. Mit Erich Hausers Säulenwand 30/69 aus dem Jahre 1969 ergibt sich ein Rückblick auf die Anfänge der Sammlung Grässlin, die in den 1970er Jahren von Dieter und Anna Grässlin begonnen wurde.

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