Die Ausstellung zeigt einen Überblick über das Werk von Günther Förg mit Arbeiten von Anfang der 1980er Jahre bis heute. Die Auswahl der Arbeiten – aus dem Bestand der Sammlung Grässlin sowie einige Leihgaben des Künstlers – beleuchtet die verschiedenen medialen Ansätze im Werk von Günther Förg mit Schlüsselwerken aus allen wichtigen Schaffensphasen.
Die Ausstellung wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler realisiert. Das Entree des diesjährigen Parcours bildet eine multimediale Installation, die Günther Förg 1986 für die Räumlichkeiten des Westfälischen Kunstvereins Münster konzipierte und für die aktuelle Präsentation im KUNSTRAUM GRÄSSLIN neu interpretierte: Die Wände des KUNSTRAUMS sind als monochrome Farbfelder definiert, auf denen großformatige Architekturfotografien neben Frauenporträts gezeigt werden. Die Aufnahmen sind in massive Holzrahmen gefasst, das nicht entspiegelte Glas reflektiert Raum und Betrachter, wobei das Motiv der Spiegelung durch den Einsatz eines gerahmten Spiegels noch überhöht wird.
Wie immer wird die Präsentation im KUNSTRAUM GRÄSSLIN von dem bereits seit 1995 bestehenden Konzept RÄUME FÜR KUNST begleitet, das leerstehende Ladenlokale und Schaufenster, ehemalige Fabrikräume, den Plenarsaal des Rathauses, den Stadtgarten sowie die Privathäuser der Familienmitglieder als Ausstellungsorte nutzt. So sind über den ganzen Ort verteilt weitere Werke von Günther Förg zu sehen. Darunter sind frühe Arbeiten wie die auf Aluminium aufgezogenen Fotografien, die in Kombination mit Wandmalereien präsentiert werden (Gabi, 1982), eine zwölfteilige Serie abstrakt-geometrischer Acrylbilder auf Blei (Ohne Titel, 1990), neuere Gemälde mit expressiven Streifen und Tupfen (2007), monumentale, das Fenstermotiv aufgreifende Farbfotografien (Villa Wittgenstein, 1986/98, Haus Lange, Krefeld, 1986/98), eine Serie von Bronzemasken (1990) sowie Materialskulpturen aus Gips (2001). So wird der Museumsbesuch zum Stadtspaziergang – oder umgekehrt.
Günther Förg (geb. 1952 in Füssen) gehört zu den wichtigen Vertretern der internationalen Gegenwartskunst. Seit Mitte der 1970er Jahre entwickelt er ein vielgestaltiges und inhaltlich komplexes Werk, in dem Malerei, Fotografie, Skulptur und Zeichnung gleichberechtigt nebeneinander und teils auch miteinander agieren. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Medien reizt Förg in raumgreifenden Installationen aus, die immer auch in Bezug zur Architektur gedacht sind. Seine differenzierte, multidisziplinäre Arbeitsweise widersetzt sich von Anfang an dem Zeitgeist: Als in den 1980er-Jahren in Deutschland die figurative Malerei ihre Renaissance erlebte, produzierte Förg monochrome Gemälde und Wandmalereien, neben den Perfektionismus der zeitgenössischen Fotografie setzte er unscharfe Porträt- und Architekturaufnahmen, die wie Schnappschüsse wirken.
Die Auseinandersetzung mit den formal-ästhetischen Konventionen der Moderne bildet bis heute eine konzeptuelle Klammer in Förgs Oeuvre. So fokussieren seine konstruktivistisch anmutenden Fotografien bevorzugt Ikonen der modernen Architektur, wie die Villa Wittgenstein in Wien, der Barcelona Pavillon von Mies van der Rohe oder Bauten des italienischen Rationalismus. In seiner Malerei reflektiert Förg abstrakte und minimalistische Tendenzen in der Kunst des 20. Jahrhunderts, die er in eine eigenständige Bildsprache übersetzt. Sein schneller, flüchtiger Duktus und der dünne Farbauftrag stehen dabei in produktiver Spannung zur materiellen Präsenz seiner Werke, für die er teils Bildträger aus Blei, Kupfer oder Holz wählt. Die seit den 1990er-Jahren entstandenen Gemälde kennzeichnet zunehmend eine gestische Spontaneität. Auch architektonische Elemente wie Türen, Fenster und Mauern tauchen als Bildmotive auf. Verweise auf eine gestisch-expressive Bildhauertradition finden sich schließlich auch in seinen Bronze-, Gipsskulpturen und Reliefs.